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Carl Loewe:

Ausgewählte Balladen


Dem Liedkomponisten Carl Loewe haftet der etwas zweifelhafte Ruf eines "Biedermeier-Komponisten" an - aber vorsichtige Zeichen wie die vorliegende CD deuten darauf hin, dass die revisionsbedürftigen Klischees vom "biederen" Komponisten allmählich korrekturreif sind. Mit der Auswahl der Texte, die er vertont hat, war Loewe freilich zumindest aus heutiger Sicht nicht immer glücklich (darin unterscheidet er sich nicht von dem nur zwei Monate jüngeren, aber als Liedkomponist unangefochtenen Franz Schubert), denn neben Goethe und Herder, Fontane und Rückert finden sich allerlei dem damaligen Zeitgeschmack verpflichtete Verslein von eher zweifelhafter poetischer Qualität. Aber manchen (wenn auch nicht allen) solcher schlichten lyrischen Ergüsse konnte Loewe durch seine Musik eine durchaus originelle Note abgewinnen.

Ein gewisser Oër etwa, über den Vornamen sagt das Booklet nichts (und sein Text veranlasst uns nicht, weiter zu forschen), hat ein Gedicht "Die Glocken von Speyer" verfasst, das nicht der Rede wert wäre, hätte Loewe nicht mit tonmalerischem Ostinato die großen und kleinen Glocken, die gerade falsch herum den Tod von Bettler und Kaiser verkünden, eindrucksvoll nachgezeichnet und damit eine neue Dimension erschlossen. Solche Qualitätssprünge gelangen nicht immer. "Der Mensch" etwa bleibt trotz der durchaus kunstvollen Musik ein Kuriosum. Ratlose Oktavsprünge beschreiben die verunsicherte Tierwelt, als der Feind - der Mensch - den Wald betritt: Ein frühes Beispiel von ebenso edler wie schlichter Öko-Moral.

Im heutigen Musikleben hat Loewe am ehesten als Balladen-Vertoner seine Nische gefunden. Obwohl auch diese CD den Titel "Balladen" trägt, nehmen diese zwar einen gewichtige Rolle ein, stehen aber neben einer Reihe von Liedern fern jeglichen balladesken Charakters. Aber im Vergleich zeigen sich Loewes Stärken besser dort, wo ihm die Vorlage erzählende und dramatische Momente liefert: Vor allem "Herr Oluf" (nach Herder), textlich eine Erlkönig-Variation, besticht mit den Kontrasten zwischen hehrer Ritterlichkeit und der tänzerisch flirrenden Elfenwelt. Fontane-Vertonungen fehlen leider, aber die CD gibt dafür ein umfassenderes Bild, indem es auch ganz andere Seiten Loewes zeigt: Im "Kleinen Haushalt" (Rückert) wandelt der sonst häufig dem Unheimlichen und der Geisterwelt verpflichtete Komponist heiter-melancholisch und mit souveräner Beherrschung der Tonsprache auf den Spuren Donizettis. Biedermeierlich ist das insofern, als dass die Abgründe Gustav Mahlers, der ebenfalls einige Rückert-Texte vertont hat, denkbar weit weg sind. Hörenswert ist es trotzdem.

Robert Holl singt die recht unterschiedlichen Stücke mit betörender Sonorität. Sein profunder Bass bewegt sich in tiefsten Tiefen sicherer als in der hohen Lage, und dadurch erhält sein Vortrag etwas großväterlich Erzählendes. Durch die souveräne Ausgestaltung vermeidet er aber eine allzu große Beschaulichkeit. Humoristische Elemente sind nicht überpointiert, sondern wie mit einem Lächeln und einer Spur Wehmut gezeichnet. Den Opernsänger Holl hört man an den stets klangvoll und kraftvoll ausgesungenen großen melodischen Linien heraus, die subtilen Nuancen und plötzlichen Wechsel bleiben dahinter ein wenig zurück. Alles ist sehr musikalisch und sehr edel. David Lutz begleitet ihn angenehm zurückhaltend, aber immer dann Akzente setzend, wenn ihm der Komponist den Vorrang einräumt (etwa in der verklärt aufsteigenden Figur im "Heiligen Franziskus"). Man kann sich lebendigere, frischere Interpretationen vorstellen als den eher kontemplativen Zugang von Holl und Lutz. An Wohlklang aber ist diese Aufnahme schwerlich zu übertreffen.



Von Stefan Schmöe








Carl Loewe:
Ausgewählte Balladen


Robert Holl, Bassbariton
David Lutz, Klavier

Eingespielte Lieder:

Erlkönig op.1/3 (Goethe)

Herr Oluf op.2/2 (Herder)

Die Uhr op.123/3 (Seidl)

Die Glocken zu Speyer
op.67/2 (Oër)

Die wandelnde Glocke
op.20/3 (Goethe)

Kleiner Haushalt
op.71 (Rückert)

Der Mönch zu Pisa
op. 114 (Vogl)

Der heilige Franziskus
op. 75/3 (Wessenberg)

Odins Meeresritt
op.118 (Schreiber)

Wandrers Nachtlied
op. 9/3a (Goethe)

Wandrers Nachtlied
op.9/3b (Goethe)

Liederkranz
op.145/1-5
(Siebel, Scherenberg, Redwitz)

Der gefangene Admiral
op.115 (Strachwitz)


aufgenommen 12/1999

PREISER RECORDS 93420
www.preiserrecords.at
im Vertrieb von NAXOS
www.naxos.de


Da capo al Fine

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