ORF CD-Edition Alte Musik / Online Musik Magazin

Unter allen Rundfunkanstalten einzigartig kann Ö1, das heuer vierzigjährige Kulturprogramm Österreichs, mit einer Visitenkarte eigener Prägung aufwarten. Seine CD-Edition Alte Musik ist nach zögerlichem Beginn innerhalb eines Jahrzehnts auf nunmehr 100 Titel mit zusammen 139 Scheiben angewachsen. Eine Erfolgsgeschichte. Auch, weil das letzthin zunehmend mit internationalen Spitzenpreisen ausgezeichnete Projekt sich beharrlich in schwarzen Zahlen bewegt.

Man schrieb 1996. Der bereits zehn Jahre aktive Redakteur der Alten Musik, Bernhard Trebuch, promovierter Experte für historische Holzblasinstrumente (und Orgeln), die er zu bauen und zu spielen gelernt hat, wollte seinen Hörfunkproduktionen den ephemeren Charakter singulärer Ausstrahlung nehmen. Sie sollten dauerhaft einem weiten Publikum zugänglich sein. Seine Idee fand beim damaligen Generalintendanten des ORF, Gerhard Weis, offene Ohren: Ging es hier doch auch um die Förderung landesspezifischer Musikschätze und Künstler.

«In Gottes Namen fahren wir», so sang und spielte das renommierte österreichische Ensemble Les Menestrels zur Eröffnung der Edition: Musik der Babenberger. Es folgten, ob zufällig, ob gewollt, auch Titel, die weitere Schwerpunkte andeuteten: Musik aus Deutschland, Frankreich und Italien, dazu erste Spitzenkünstler der internationalen Szene. Die Erfolge machten Mut, auch die bei den RESONANZEN, dem achttägigen Alte Musik Festival des Wiener Konzerthauses gebündelte Repertoire- und Interpretenvielfalt in Ausschnitten von live Konzerten zu dokumentieren.

Inzwischen ist das Dutzend dieser themenorientierten Boxen zu einem sich ständig erweiternden «Who’s who» und «state of art» der Alten Musik geworden, ergänzt um ähnliche Reihen zu den INTERNATIONALEN BAROCKTAGEN STIFT MELK. Eigentlich schade, dass sich die Grazer STYRIARTE und Salzburgs PFINGSTEN BAROCK ebenso wie - bis auf zwei Ausnahmen - auch das INNSBRUCKER FESTIVAL DER ALTEN MUSIK Dokumentationen ihrer Sternstunden bisher versagten. Sei’s drum, Pioniere und Grande wie William Christie, Alan Curtis, Nikolaus Harnoncourt, Philipp Herreweghe, René Jacobs, Ton Koopman, Marc Minkowski, Christoph Rousset und Jordi Savall entdeckt man auch in der Edition: darunter Harnoncourt’s erste Schallplattenaufnahme von 1950, die Wiederbelebung von Carl Philipp Emanuel Bachs Matthäus-Passion (1769) aus dem Archiv der Berliner Singakademie, vom ORF und Ton Koopman noch in Kiew gehoben, und ein exzeptionelles Cesti-Pasticcio, für das sogar Jacobs und Christie miteinander musizierten.

Auch sonst umfasst die Ö1 Edition bemerkenswerte Trouvaillen und Unikate, sei es Mozart vierhändig auf dem Cembalo, Händels Orgelkonzerte in der vom Komponisten autorisierten Cembalofassung, Albrechtsbergers Maultrommelkonzerte oder Sartorios GIULIO CESARE auf ein fünfzig Jahre später auch von Händel vertontes Libretto. «Quaerendo invenietis» (Wer suchet, der findet) merkte einmal Johann Sebastian Bach in seinem Musikalischen Opfer an, heute helfen Prospekte und Suchmaschinen, auch zu den zahlreich vertretenen Einspielungen junger Solisten und Ensembles, die bei internationalen Wettbewerben erste Preise erhalten haben.

Nur dieses sei noch besonders herausgestellt: die im Aufbau befindliche Serie „Paradise regained“ mit Polyphonie der Renaissance (Ersteinspielungen von Agricola, Faugues, Gombert, Ockeghem, Pipelare u.a.m.) und der 100. Titel «l’europe réunie», erstmals mit einer Bonus DVD, die das junge holländische Ensemble Collegium musicum Den Haag in Probe und Konzert zeigt. Mehr unter www.italiamia.at/edam.htm (Hörproben fast aller Tracks unter den jeweiligen Einzeltiteln).

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