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George Enescu:

Oktett op. 7
Klavierquintett op. 29




Herbstliche Impressionen

Von Monika Jäger

Die bei Nonesuch erschienene CD “George Enescu” von Gidon Kremer und seiner Kremerata Baltica zielt schon mit dem Cover einer nebligen Herbstlandschaft auf Impressionen der Melancholie. Das gibt bereits einen Hinweis auf den Interpretationsansatz des Ensembles, das sich an vielen Schlüsselstellen für eine schwermütige Stimmungslage der eingespielten Werke entscheidet.

Kraftvoll beginnt das ausdrucksstarke unisono-Thema im Oktett für Streicher C-Dur op. 7, das mit seinem extremen Ambitus und chromatisch-flexiblen tonalen Raum die Keimzelle dieses Satzes, wenn nicht gar des gesamten Werkes darstellt. Das Ensemble entwickelt einen volltönig-runden Gesamtklang, der auf die Durchhörbarkeit der melodischen Linien ausgerichtet ist und die verschiedenen Register deutlich voneinander trennt. Die glissandohaften Lagenwechsel sind allerdings Geschmacksache und könnten an mancher Stelle dezenter ausgefallen.

Die Schwere in den breit ausgespielten Bögen kommt der Expressivität des Stückes entgegen, wirkt jedoch mitunter geradezu behäbig und in überdeutlicher Artikulation fast buchstabiert. Die Interpretation fokussiert die Brüche und charakterlichen Gegensätze - vor allem im zweiten und vierten Satz entstehen mitreißende Passagen von ausdrucksstarker Dramatik, tänzerischer Ausgelassenheit und intensiver Klangdichte. Mit großer Sensibilität widmen sich die Interpreten dem lyrischen dritten Satz, verfolgen das Fortspinnen der ruhigen melodischen Linie, die, stets präsent, sich doch nie vollends etabliert, sondern ihre Intensität aus dem Hintergrund bezieht.

Im Klavierquintett A-Dur op. 29 kommt es nur noch selten zu linear auskomponierten Spannungsbögen, vielmehr entsteht, kennzeichnend für Enescus Spätstil, aus fluktuierenden melodischen Ansätzen ein dichtes Gewebe von Verästelungen um eine Motivzelle, wirkend wie "kontrollierte Improvisation" (Dieter Nowka). Die Ausführenden beweisen in diesem spezifischen Klangkondensat große Einfühlsamkeit, indem sie gerade hier die Artikulation durch bedacht ausgewählte Glissandi prägen. Der litauische Pianist Andrius Zlabys fügt sich sensibel in den warmen Streicherklang ein, gerade an den Stellen, in denen das Klavier im Wechsel zwischen exponiertem Solopart und geforderter Zurückhaltung eher als klangliche Einfärbung agiert.

Das für Enescus Musiksprache typische Kreisen um angedeutete motivische Ideen und deren zyklische, doch stets veränderte Wiederkehr macht die Geschlossenheit bei gleichzeitigem Reichtum an Brechungen aller Parameter auch dieser Kammermusikwerke aus. Doch während in dem 1900 entstandenen Oktett des 18jährigen Komponisten noch die systematische Durchführung thematischer Ideen zu verfolgen ist, werden diese in dem 40 Jahre später komponierten Klavierquintett immer weniger greifbar, erhalten vielmehr den Charakter des Flüchtigen und Subtilen bei aller Expressivität. Das CD-Cover fängt diesen Stil insofern ein, als es die Schemenhaftigkeit der abgebildeten Motive betont und bis in die Unendlichkeit verlängert.
Julia Bederova stellt im Booklet die stilistische Mehrdeutigkeit der Musiksprache Enescus in ihrer "perfektionistischen Art der Sinnlichkeit" und "feinen Mischung aus Fantasie und Gegliedertheit" heraus, die zwischen den Stilen deutscher Spätromantik, französischer Schule und rumänischer Folklore keine zutreffende Zuschreibung finde. Bederovas Versuche der programmatischen Auslegung geraten jedoch bisweilen allzu pathetisch und psychologisierend - der unbestritten emotionale Gehalt dieser Musik sollte nicht in klischeehaft-pauschalen Deutungen fixiert werden, sondern lebt von der Unspezifik individuellen Empfindens!


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Cover



George Enescu:

Oktett op. 7
Klavierquintett op. 29

Enseble Kremerata Baltica:
Gidon Kremer, Violine
Eva Bindere, Violine
Andrei Valigura, Violine
Sanita Zarina, Violine
Dzeraldas Bidva, Violine
Ula Ulijona, Viola
Janis Lielbardis, Viola
Eriks Kirsfelds, Violoncello
Marta Sudraba, Violoncello
Andrius Zlabys, Klavier


Nonesuch7559-79682-2



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