Online CDs
Klassik
Homepage  zurück  e-mail  Impressum




Jean Sibelius
Violinkonzert
Orchesterwerke


Christian Sinding
1. Violinkonzert
Romanze D-Dur




Groß- und Kleinformen

Von Stefan Schmöe

Das (hierzulande) vorherrschende Bild von Jean Sibelius ist geprägt von den typischen Klischees zwischen Einsamkeit finnischer Landschaften und pauschal skandinavischer Melancholie. Grundlos ist das nicht, denn bei den großen Orchesterwerken ist aus dem Blickpunkt einer der klassisch-romantischen Tradition entsprechenden symphonischen Entwicklung das thematische Material oft wenig tragfähig. Den zerklüfteten und melodisch kargen, oft eher flächigen kompositorischen Strukturen lassen da leicht skandinavische Landschaften assoziieren. Obwohl die sperrigen Symphonien recht gut auf CD dokumentiert sind, bleiben sie als Hauptwerk eines Symphoniekonzertes ein Wagnis (und werden daher vergleichsweise selten gespielt). Eher fühlt sich das Publikum zu den – kürzeren und daher weniger problematisch „nur“ dem Atmosphärischen verhafteten – symphonischen Dichtungen hingezogen.

Man kann in Sibelius' Kompositionsweise eine bewusste Ablösung von der historischen Großform sehen und daran den Grad der Modernität dieser Musik festmachen (anderen Neuerungen des zunehmend dissonant tönenden 20. Jahrhunderts stand der Komponist sehr skeptisch gegenüber), die Probleme bleiben. Das lässt sich an der bei Naxos erschienenen Neueinspielung des Violinkonzerts von 1903/05 nachvollziehen, das gekoppelt ist mit dem ersten Violinkonzert seines norwegischen Zeitgenossen Christian Sinding (1856 – 1941), komponiert 1898. Hört man zunächst Sibelius' Konzert, so klingt das fanfarenartig auftrumpfende Hauptthema in Sindings Konzert wohltuend „handfest“, wirkt das der mitteleuropäischen Tradition verhaftete Werk farbiger, einfallsreicher. Dabei sind allerlei Schwächen unüberhörbar; so das oft wenig ausgeglichene Wechsel von Solo und meist dominierendem Orchestertutti, das die Violine über weite Strecken eigentlich überflüssig macht, oder die in den Außensätzen konventionelle, mitunter holprige Anlage. Interessant ist der merkwürdige Mittelsatz, der eine sehr ausgedehnte Melodie der tiefen Streicher in Art einer Passacaglia mehrfach wiederholt und durch wechselnde Besetzungen variiert. Hört man aber zuerst die Musik Sindings und danach Sibelius, so klingt letzterer ungleich interessanter, moderner und spannender – die Reduktion der musikalischen Elemente bewirkt auch eine Konzentration auf den Moment. So ist die Gegenüberstellung der beiden Werke (die noch flankiert werden von der Serenade g-Moll von Sibelius und der – laut Booklet erstmals eingespielten – schönen Romanze in D-Dur von Sinding) nicht nur der Begegnung mit dem fast unbekannten Werk Sindings inspirierend. Die Interpretation durch Henning Kraggerud und das Bournemouth Symphony Orchestra unter der Leitung von Bjarte Engeset dürfte allerdings bei aller Solidität und vielen schönen Einzelstellen etwas beherzter die Abgründe dieser Musik suchen.

Von ganz anderer Seite beleuchtet das Essener Folkwang Kammerorchester unter der Leitung von Tapio Tuomela und mit dem Solisten Pekka Kauppinen (Violine) den Komponisten Sibelius: In der bereits 1995 eingespielten, aber erst jetzt beim Label Aulos Musikado (das mit bewundernswerter Konsequenz Nischen des Repertoires aufspürt und füllt) erschienenen Aufnahme sind gänzlich unbekannte kleinere Kompositionen für Kammerorchester zusammengestellt. Zeigen die Schauspielmusik Ödlan (später umgearbeitet zur hier vorliegenden Suite für Solovioline und Orchester) von 1909, dessen tastende Chromatik die Tonalität in Frage stellt, und das Adagio für Streicher d-Moll von 1890 mit jeweils einer knappen Viertelstunde Länge Verwandschaft zu den symphonischen Dichtungen, so sind die vier eingespielten Suiten sowie zwei Humoresken erstaunliche Miniaturen, die (meist auf der Basis von Tanzrhythmen) lakonisch und in aller Kürze den Komponisten als Meister der kleinen Form zeigen. Zwischen 1917 und 1929 verweisen sie auf (den neoklassischen) Strawinsky, sind aber ein sehr eigenständiger und oft merkwürdiger Beitrag zur Musik der 20er-Jahre – eine echte Entdeckung. Die glasklare, kammermusikalisch ausgerichtete (aber dennoch sehr farbige) Interpretation lässt keine Wünsche offen.

Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)




Jean Sibelius (1865 - 1957)
Violinkonzert d-Moll op. 47
Serenade g-Moll op. 69b

Christian Sinding (1856 - 1941)
Violinkonzert Nr. 1 a-Moll op. 45
Romanze D-Dur op. 100

Henning Kraggerud, Violine
Bournemouth Symphony Orchestra
Ltg.: Bjarte Engset

NAXOS 8.557266

Weitere Informationen
www.naxos.com







Jean Sibelius (1865 - 1957)
Orchesterwerke:
Suite H-Dur op. 117
Musik zum Schauspiel Ödlan op. 8
Humoresken III und IV op. 89a,b
Adagio für Streicher d-Moll
Presto für Streicher D-Dur
Suite mignonne op. 98a
Suite champetre op. 98b
Suite charactéristique op. 100

Pekka Kauppinen, Violine
Folkwang Kammerorchester Essen
Ltg.: Tapio Tuomela

Aulos Musikado AUL 66084

Weitere Informationen
www.musikado.com





Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Rock-Pop-Startseite E-Mail Impressum

© 2005 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: cds@omm.de

- Fine -