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Edward Elgar
Piano Concerto

Sir Edward reloaded


Von Markus Bruderreck

Schon ein flüchtiger Blick in den Werkkatalog beweist es: Die Musik des britischen Komponisten Edward Elgar wurde – nicht nur von ihm selbst – oft und gerne bearbeitet, arrangiert und für andere musikalische Gattungen nutzbar gemacht. Dass man sich bis heute in dieser Art und Weise seinen Werken widmet und mehr aus den musikalischen Hinterlassenschaften des Komponisten machen möchte, hat wohl viele Ursachen. Zum einen hatte Elgar gegen eigene Arrangements von jeher nur selten Einwände gehabt, ebenso nicht gegen Bearbeitungen durch fremde Hand. Zum anderen mag man sie als Zeichen für die Popularität sehen, die Elgars Musik heute immer noch genießt. Der Dirigent David Lloyd-Jones hat sich nun zusammen mit dem BBC Concert Orchestra und den BBC Singers an die Aufnahme seltener Elgar-Bearbeitungen gemacht.

Die beim britischen Label „Dutton“ erschienene Aufnahme vereint hörenswerte Weltersteinspielungen. Eine davon ist etwa die Kantate „So Many True Princesses“, ein spätes Gelegenheitswerk zur Enthüllung des Denkmals für Königin Alexandra im Jahr 1932. Die Orchesterfassung des ursprünglich für Militärkapelle komponierten Werkes besorgte Anthony Payne. Neben weiteren Chorstücken, die von den BBC Singers ebenso geschliffen wie elegant interpretiert werden, und einer Suite mit Liedbearbeitungen von Haydn Wood bilden vor allem zwei Werke den Kern der neuen CD. Anthony Collins, der lange Jahre als Bratschist im London Symphony Orchestra beschäftigt war und unter der Leitung Elgars musizierte, schrieb im Jahr 1942 seine „Elegy for Edward Elgar“. Sie erinnert nicht nur an den großen Komponisten, sondern auch an ein England, wie es vor dem Zweiten Weltkrieg noch existierte. Sein zehnminütiges Werk schwingt sich zu dramatischen Höhepunkten auf, ganz wie in Elgars unvollendeter, dritter Sinfonie, aus dessen Skizzenmaterial das Thema von Collins' Stück gewonnen ist.

Neben solcherlei pathetischen Klängen ist auf der CD ein Werk vertreten, dass man getrost als recht abenteuerliches Experiment bezeichnen kann. Robert Walker heißt der Komponist, dem die Musikwelt nun ein dreisätziges Klavierkonzert aus den Händen Edward Elgars zu verdanken hat: Mit einem gewichtigen Kopfsatz, einem frivol-heiteren Intermezzo und einem brillanten Final-Rondo. Robert Walker hat die schöpferische Atmosphäre, in der Elgar gewirkt hat, intensiv in sich aufgenommen, verbrachte er doch 15 Jahre auf Elgars Landsitz „Brinkwells“. Die Rekonstruktion – beziehungsweise Neukomposition – eines Elgar-Werkes anhand vorhandener Skizzen war bereits vor einiger Zeit Atnhony Payne bei der dritten Sinfonie vorzüglich geglückt. Robert Walker standen nun mehrere Seiten gut ausgearbeiteter Skizzen zur Verfügung, dazu ein nahezu vollständig überlieferter zweiter Satz und vor allem Aufnahmen von fünf Klavierimprovisationen, die auf das geplante Konzert Bezug nehmen. 1929 hatte sie Elgar auf Wachswalzen eingespielt. Walker hat den Geist von Elgars Partituren vorzüglich getroffen. Und die beiden Hauptthemen des Konzertes sind sogar in originaler Gestalt vorhanden und eingearbeitet worden.

David Owen Norris – der Pianist, der bravourös den Solopart des Klavierkonzertes von Edward Elgar bewältigt – hat Erfahrung mit der Musik des Komponisten: Elgars gesamtes Werk für Soloklavier hat er bereits auf CD eingespielt. Norris interpretiert glänzend und mit Sachverstand, ebenso überzeugend begleitet vom BBC Concert Orchestra. David Lloyd-Jones macht mit Verve und Präzision diese Aufnahme zu einem Muss für alle Liebhaber britischer Musik. Das leider nur in Englisch verfasste Booklet führt angemessen in die Musik ein und liefert sogar eine Motivanalyse des Klavierkonzerts. Die Aufnahme, entstanden in den legendären Londoner Abbey Road Studios, lässt an Natürlichkeit, Transparenz und Klangfülle keine Wünsche offen.

Musikalischen Puristen, die Einwände gegen Experimente mit dem „Was wäre wenn“ in der Musik haben, sollte man vielleicht lieber von dieser neuen Veröffentlichung abraten. Zugleich aber sollte man darauf hinweisen, dass hier mit dieser Konzert-Rekonstruktion mitnichten ein unselbstständiges, zusammengeflicktes „Musikmonster“ entstanden ist. Das Werk ist stimmig, musikalisch eingängig und sicher um vieles heiterer, als es Elgar gelungen wäre: In seinen letzten 14 Jahren war der Komponist nach dem Tod seiner Frau Alice bekanntlich kreativ so gut wie verstummt, und viele seiner späten Werke klingen senibel, sentimenal, empfindsam. All denen, die immer von einem dritten großen Solokonzert aus Edward Elgars Feder geträumt haben, sei diese Aufnahme nachdrücklich ans Herz gelegt.

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Edward Elgar / Robert Walker
Piano Concerto

Edward Elgar / Haydn Wood (Arr.)
Suite of Four Edward Elgar Songs
Edward Elgar / Henry Geehl (Arr.)
Adieu

Edward Elgar/Anthony Payne (Arr.)
So Many True Princesses

Edward Elgar
Spanish Serenade op. 23
Pageant of Empire (The Immortal Legions)

Anthony Collins
Elegy in Memory of Edward Elgar


BBC Singers
BBC Concert Orchestra
David Owen Norris, Klavier
David Lloyd-Jones, Dirigent

Epoch/Dutton CDLX 7148


Weitere Informationen
www.duttonlabs.demon.co.uk






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