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Rolando Villazon
¡México!


Ein paar Opernschluchzer zu viel

Von Stefan Schmöe

Der Staat Mexiko feiert gerade seinen 200. Geburtstag – wenn das kein Grund ist, eine CD mit mexikanischen Liedern einzuspielen und dafür Startenor Rolando Villazon zu verpflichten. (Wahrscheinlich aber war's genau anders herum: Für den mexikanischen Startenor war geeignetes verkaufsträchtiges Repertoire zu finden, und Biographisches macht sich bei dem sympathischen Lockenkopf, Traum aller Schwiegermütter, sicher gut.) Also wurden 15 Songs sowie als Finale ein kleines Medley herausgesucht und passend arrangiert: Nicht für großes Orchester, sondern für kleine Besetzung: „Ich wünschte mir vielmehr ein Kammerorchester, das die intime Stimmung dieser Musik einfängt und gleichzeitig das Feuer entfacht, das in ihr steckt“.

Solche Sätze werden den Künstlern natürlich von der Marketingabteilung des CD-Labels untergeschoben. Bekommen hat Villazon jedenfalls, was er sich wünscht: Die Arrangements von Efrain Oscher, Gonzalo Grau, Daniel Catan und Alfonso Montes sind alles andere als sentimental, sondern aufregend frech und hier und da kräftig gegen den Strich gebürstet. Und weil die um einige Gäste erweiterten Bolívar Soloists das ganz großartig spielen, ist es eine Freude, dieser tänzerisch leichten, auch schon mal herrlich kratzbürstigen Musik zuzuhören. Wenn, ja, wenn da nicht der Sänger wäre.

So nonchalant die Instrumentalisten mit den Melodien auch umgehen, Villazon hält mit breitem Legato dagegen. Nichts von leichtem Parlando, keinerlei Witz – statt dessen allzu viele Schluchzer und große Tragik á lá Puccini oder Leoncavallo. Mexikanische Herkunft hin oder her, Villazon macht große italienische Oper und liegt stilistisch ziemlich daneben. Das auch in Deutschland populäre „Cucurrucucú“ wird zum Schmachtfetzen mit herausgebrüllten Spitzentönen von einer Länge, die wohl beeindrucken soll, aber mehr nach Siegmunds „Wälse“-Rufen aus der Walküre klingen als nach lateinamerikanischem Liedgut.

Überhaupt enttäuscht auch die Stimme, die zwar in der Mittellage angenehm baritonal, aber nicht zu dunkel timbriert ist, die aber in der Höhe wenig Glanz hat und gleich im ersten Lied „Bésame mucho“ beim Aufstieg in die Höhe unangenehm rauh klingt. Zu oft muss sich Villazon bei den Spitzentönen mit Kraft frei singen. Zweifellos klingt vieles auch sehr schön (vor allem bei Mezzo-Lautstärken in der ungefährlichen Mittellage), aber immerhin geht es um einen der führenden und sicher bestvermarkteten Tenöre unserer Zeit - da darf man wohl auch in den heikleren Registern Entsprechendes erwarten. Das aber bleibt Villazon zu oft schuldig.

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Rolando Villazon:
¡México!


Mexikanische Lieder von Roberto Cantoral, María Grever, Agustín Lara, Quirino Mendoza y Cortés, Manuel M. Ponce, A. Esparza Oteo, Tomás Méndez , Jorge del Moral und Consuelo Velázquez

Rolando Villazon, Tenor
Bolívar Soloists and Guests
Leitung: Efraín Oscher


Bolívar Soloists:
Efraín Oscher, Flöte und mus. Leitung
Juan Manuel González, Violine
Pablo Bercellini, Cello
Rhodri Clarke, Klavier

Gäste:
Nigel Shore, Oboe und Englischhorn
Eduardo Calzada, Fagott
Francisco Flores, Trompete
Juan Lucas Aisemberg, Viola
Gabriel León, Kontrabass
César Nigro, Gitarre
Conny Sommer, Percussion
Peter Kuhnsch, Percussion
Gonzalo Grau, Percussion, Venezuelanische Gitarre


Zur ausführlichen Tracklist
(Website der Deutschen Grammophon)

Gesamtspielzeit: 56:02

Deutsche Grammophon
CD 00289 477 8769



Weitere Informationen
www.deutschegrammophon.com
rolandovillazon.com





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