Markus Stockhausen
Electric Treasures
Magie
Von
Frank Becker
Das unvergleichliche Ensemble Markus
Stockhausen/Arild Andersen/Patrice Héral wartet mit einem neuen
(Doppel-)Album und dem Pianisten/Keyboarder Vladyslav Sendecki als Gast
auf: "Electric Treasures". Am 21. September 2007 in der
klanglich hervorragenden Kunst- und Ausstellungshalle der BRD in Bonn
aufgenommen, ist dieses Album ein neuer Markstein nicht nur in der
Entwicklungsgeschichte des Trios, sondern ein neues Glanzlicht des
zeitgenössischen Jazz. Die von Markus Stockhausen und
Aktivraum-Verleger Rolf Zavelberg über Jahre entwickelte
Musikphilosophie findet hier erneut ihren essentiellen Niederschlag.
Den kann in seiner Gänze nur genießen, wer sich konsequent ungestört
den zweimal gut 45 Minuten der beiden CDs ergibt - und das laut, auf
Konzert-Niveau, wie Markus Stockhausen es in seinen einführenden Worten
empfiehlt. Dann allerdings (es geht auch mit Kopfhörern, wenn die Wände
zum Nachbarn zu dünn sind) taucht man ein, besser: fliegt man weg. Die "Electric Treasures"
erweisen sich in bester Tradition der bisherigen Einspielungen Markus
Stockhausens wieder als besonderes Erlebnis von hoher Brillanz.
Musikfreunde jeglicher Couleur werden alles darin finden: meditative
Kontemplation, wahrhaft elektrische Spannung, traditionelle Elemente,
scharfe Gitarrenriffs vom Keyboard, weit geöffnete Türen zu neuen und
alten Musikwelten, Reminiszenzen an die Grundlagenarbeit Karl-Heinz
Stockhausens, visionäre Musikkonzepte, die wesentlich über das
hinausreichen, was der "Markt" üblicherweise hergibt.
Atemberaubend die Behandlung der Instrumente und Elektronik durch das
Quartett, nehmen wir nur "Three" als Beispiel: hier paart sich
instrumentale Genialität, ureigene "Handarbeit" mit Elementen der
Elektronik zu einem furiosen Wirbel. Ein
Traum wie ein Sternenspaziergang gleich darauf "Four" (die Stücke sind
der Einfachheit halber durchnumeriert, Titel wären ohnehin Schall und
Rauch), in dem Markus Stockhausen seinen Weltrang als Trompeter virtuos
belegt. Nahezu jedes Stück featured
die Mitspieler ausführlich als Solisten, die dennoch zu einer
grandiosen Einheit verschmelzen. Der zarte, ätherische Dialog der
Trompete mit dem Kontrabaß zu Beginn von "Five" berührt tief. Vladyslav
Sendecki beherrscht am Keyboard die psychedelischen Klangfarben der
1960/70er, die er nahtlos in das 2000er Konzept einarbeitet. Wuchtig
schließt CD 1 mit "Six" ab...
...um mit "Seven"
auf CD 2 futuristisch und nicht unfern den Klangexperimenten der Kölner
WDR-Klangstudios aus den frühen 1950er Jahren den Faden wieder
aufzunehmen: Gänsehaut. Dem folgt in sinfonischer Logik das epische
"Eight" mit großen, offenen Weiten. Daß Markus Stockhausen sich an der
Trompete durchaus im Rang längst mit den ganz Großen der
Jazz-Geschichte messen kann unterstreicht "Nine" eindrucksvoll, in dem
er hinter einem Miles Davis nicht zurückzustehen braucht. Einziges
nicht unbedingt stimmiges Element ist Patrice Hérals Stimmbeitrag auf
dieser CD. Ohne wäre das Ganze vielleicht noch einen Tic besser
gewesen, denn Arild Andersens flüsternder, singender, brummender und
tanzender Kontrabaß braucht keine vokale Ergänzung. Die Akustik der
Ausstellungshalle, die hervorragende Aufnahmetechnik, das musikalische
Konzept und das magische, kongeniale Spiel der vier Ausnahme-Musiker
vereinen sich zu einem der schönsten Alben der aktuellen Jazz-Welt mit
die Zeitläufe überdauernder Gültigkeit.
Ihnen dringend ans Herz gelegt, liebe Leser!
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Cover-Foto: Paul Pegler, Fotolia.de
Markus Stockhausen
Electric Treasures
Markus Stockhausen - Trompete, Elektronik
Vladyslav Sendecki - Klavier, Keyboards
Arild Andersen - Bass, Elektronik
Patrice Héral - Schlagzeug, Stimme, Elektronik, Percussion
(P) + © 2008 Aktivraum
CD 1 (Part 1):
1. One 7:28
2. Two 5:57
3. Three 9:24
4. Four 10:54
5. Five 5:15
6. Six 6:14
Zeit: 45:12
CD 2 (Part 2):
1. Seven 1031
2. Eight 9:30
3. Nine 10:57
4. Ten 7:29
5. Eleven 6:43
Zeit: 49:09
Weitere Informationen unter:
www.aktivraum.de
www.markusstockhausen.de
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