Bernd Frank Jazz Quintett
Miss E-Little

Alles drauf, alles drin

Der Sound ist es, die Besetzung ist es, die Auswahl der Stücke ist es ebenso wie die brillanten Arrangements - zusammen haben sie bei diesem Album alles, was ihn ausmacht: den Klassiker. Das Bernd Frank Jazz Quintett liefert mit "Miss E-Little" ein Album von weit über das ohnehin hohe Niveau des jungen deutschen Jazz herausragendem Anspruch. Man sollte ja eigentlich eine CD nicht mit einer Pizza vergleichen, wiewohl beide rund, dünn und köstlich sein müssen - doch hier bietet es sich an, hat Komponist, Arrangeur und Saxophonist Bernd Frank doch selbst mit seinem Stück "The Pizza Panther" die Steilvorlage gegeben. Also: wer sich diese Jazz-Pizza auf den Teller legt, bekommt alles: den klassisch knusprigen Boden, die notwendigen Standards als Basis und dazu alles, was auf einer solchen Pizza gut schmeckt.

Bernd Frank hat eine höchst gediegene Mischung von Standards aus dem American Songbook zusammengestellt, Stücke von Harry Warren, Duke Ellington, Horace Silver, Cole Porter, Dizzy Gillespie und David Mann, sie mit vier eigenen, auf Augenhöhe mit den Großen komponierten Stücken versetzt und zu einem der schönsten Alben arrangiert, die ich in den letzten Monaten hören durfte. Da treffen sich lupenreiner Bebop, feinster Mainstream und  postmoderner Cool mit Jazzpop-Elementen. Von Stück zu Stück steigt das Vergnügen an dem jazzigen Cocktail mit seinen köstlichen Bestandteilen. Nach dem klangvollen Einstieg mit perfekt für das Quintett eingerichteten klassischen Bigband-Nummern von Warren und Ellington fügt sich das Titelstück homogen in die Welt der Standards, gefolgt von Horace Silvers "Sister Sadie" in dem Frank wie schon zuvor in fein abgestimmten Dialogen mit Heiko Quistorfs gedämpfter Trompete am Tenor überzeugt. Heiß verkauft er am Bariton danach Cole Porters Liebe - man glaubt eher eine kleine Bigband zu hören, als "nur" ein Quintett. 

Dizzy Gillespies "A Night In Tunesia" gehört zu den Standards, die durch die hohe Kunst des Komponisten selbst an der Trompete eine enorme Herausforderung darstellen. Die Version des Bernd Frank Quintetts in einer 7:09 Fassung gehört zu den besten Interpretationen, die ich kenne. Quistorf und Frank schenken Dizzy nichts. Mit viel Humor spielt Frank seine Bariton-Version von Ellingtons "Don´t Get Around Much Anymore", gefolgt von dem traumschönen "In The Wee Small Hours Of The Morning", das man neben der maßgeblichen "Ur-Version" von Frank Sinatra mit Nelson Riddle durchaus gelten lassen kann. Karsten Erdmann am E-Piano, Sebastian Harder am Schlagzeug und Johannes Huth - der in anderen Stücken veritable Qualitäten eines Charlie Haden hören läßt, geben dem Album als gefühlvolle Rhythmusgruppe den angemessenen Hintergrund. Zwei von Bernd Franks eigenen Stücken setzen mit ein wenig mehr Funk - da kommt er deutlich her, wie sein voheriges Album belegt - den knackigen Schlußpunkt. Klasse!  

Haben Sie schon Appetit bekommen? Die akustische Speisekarte können Sie im Netz auf der Heimseite Bernd Franks aufschlagen und sich Kostproben dieses großartigen Albums anhören. Ich habe es nach nun viermaligem Durchhören von A - Z in meinen eigenen kleinen Jazz-Olymp eingereiht und werde es immer dann wieder auflegen, wenn das miese Wetter mich fertig macht (z.Zt. also jeden Tag mehrmals), Rechnungen drücken, wieder mal der Zahn plagt, der längst raus müßte oder wenn ich mich einfach nur wohlfühlen möchte. Meine CD des Monats. Dafür die höchste Auszeichnung der Musenblätter: den Musenkuß!

Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)