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Stefan Mickisch Ob man's glaubt, oder nicht . . .„Die Musik spricht aber gerade von dem, was nicht materiell ist…“(Stefan Mickisch) Von Gerhard Menzel Stefan Mickisch stellte bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen unter dem Titel „Tonarten und
Sternzeichen“ die Musik in Korrelation zum Jahreskreis, zum Sternenhimmel,
zur Tageszeit und zu wesentlichen Ausdrucksbereichen der menschlichen
Charakter- und Gefühlswelt. Das wird manchem kurios und etwas esoterisch
abgehoben erscheinen, doch auch notorische Besserwisser und mit Recht skeptisch
abwägende Zweifler können die Ohren vor den von Mickisch angeführten Tatsachen
nicht verschließen. Außerdem ist das Phänomen, Musik mit außermusikalischen
Zusammenhängen in Verbindung zu bringen nun wirklich nichts Neues. Dass
Musik mehr ist als eine vom Menschen bewerkstelligte Beschallung der Welt,
darüber waren sich nicht nur die Gelehrten der Chaldäer bereits ab 2000 v. Chr.
einig. Auch die Assyrer und Babylonier brachten die Musik in Verbindung mit
Astronomie und Astrologie. Im frühen und hohen Mittelalter ist die Musik dann
ein selbstverständlicher Teil des alten Quadriviums (Vierweg der
mathematischen Fächer) der Septem artes liberales: Arithmetik,
Geometrie, Musik und Astronomie. Eine
Reihe berühmter (Musik-) Theoretiker in allen Kulturen der Weltgeschichte, vor
allem seit den griechischen Philosophen (Platon, Pythagoras, Aristoxenos,
Aristides), haben eine selbstverständliche Verbindung des Menschen und seiner
Musik mit dem Kosmos angenommen („Sphärenharmonie“). Unter dem Motto „Die Welt
ist Musik und die Musik ist Zahl“ betrachteten die Pythagoräer das Studium der Musik als Schlüssel zur
Erkenntnis des Kosmos. Neben
dem zahlenmäßigen Verhältnis der Töne (Oktave, Quinte, Quarte etc.) spielten
auch Farben in Bezug auf die Musik schon öfter eine große Rolle. Nach der
"Harmonie Universelle" (1636) von Marin Mersenne (1588-1648) gab es bereits seit dem 17. Jahrhundert
Arbeiten mit wissenschaftlichem Anspruch, die neben der Analogie der
astrologischen und musikalischen Begriffe, sogar Intervallen bestimmte Farben
zuordneten, wie z.B. Athanasius Kircher (1602-1680). Louis Bertrand Castell
(1688-1737) entwickelte sogar eine
Tonleiter der Farben, entsprechend der Aufteilung des Sonnenlichts, das durch
ein Prisma in 12 Farbtöne gebrochen wird.
Auch
im 19. Jahrhundert spielte die Synästhesie eine nicht unbedeutende Rolle. Alexander
Skrjabin (1872-1915), der sich ganz besonders intensiv mit Metaphysik befasste, ging sogar so weit, dass er für die Partitur
seines letzten vollendeten Orchesterwerkes, Promethée. Le Poème du Feu op.
60, eine separate „partition de
coleur“ (Partitur der Farben) für ein speziell zu konstruierendes Farbenklavier
schrieb, mit dem der gesamte Konzertsaal ausgeleuchtet werden sollte. Zu seinen
Lebzeiten waren die vorgesehenen Farbeffekte allerdings nur unvollkommen
realisierbar. Blieben
die Zuordnungen von Tönen und Klängen auf Farben eher vage und subjektiv, wiesen
die Ergebnisse im Verlauf der Entwicklung der Tonarten wesentlich mehr Gemeinsamkeiten
auf. Auch wenn die ursprüngliche Symbolik oder der musikalische Ausdruck der
antiken Tonarten in den späteren Kirchentonarten keine Beziehung mehr zu denen aufwies,
entwickelte sich seit der klassischen Periode im 18. Jahrhundert so etwas wie
ein Kanon des „Gebrauchs“ von Tonarten. Ein
Problem und einen immerwährenden
Streitpunkt bildet allerdings neben der
temperierten Stimmung, die die „seelische Wahrheit“ (Stefan Mickisch) der Tonartencharakteristik in Frage stellt, vor
allem die nicht verbindliche absolute Stimmung. So ergaben Messungen der
Tonhöhe bei Orchestern in Berlin (1830) 440 Hz, Leipzig (1861) 425 Hz und 446
Hz und Wien (1861) sogar 466 Hz. Allerdings konstatierte schon Beethoven (der
sich auch strikt gegen das Transponieren von Liedern aussprach), dass die
allmähliche Erhöhung der Orchesterstimmung im Laufe der Zeit bis zur „Klassik“
unwahrnehmbar sei und Bachs Empfinden für C-Dur auch heute noch das Nämliche
ist. Mögen
diese Darstellungen überzeugen, oder nicht, was Stefan Mickisch in seinen Ausführungen präsentiert, ist fundiert,
eindeutig nachweisbar und von oft verblüffender Nachvollziehbarkeit. Die
direkten Tonarten-Vergleiche in Werken von Bach, Haydn, Mozart, Beethoven,
Schubert, Schumann, Wagner, Bruckner, Verdi und Wagner, bis hin zu Richard
Strauss, eröffnen oft ungeahnte Einsichten über die Bedeutung einer jeden Dur-
und Moll-Tonart unseres harmonischen Tonsystems, die das bewusste Hören durchaus
verändern und wesentlich bereichern können. Generell
spielt die Zahl 12 dabei eine zentrale Rolle. Es gibt 12 chromatische Halbtöne
und damit die 12 Dur- und 12 Moll-Tonarten des abendländischen Tonsystems, 12
Tierkreiszeichen, zweimal 12 Stunden des Tages, 12 Monate, 12 Apostel und 12
Titanen. Die logische und sinnvolle Verbindung des Jahres- und Tageslauf sowie
der Sternzeichen mit den 12 Tonarten und
deren seelischen Inhalten belegt Stefan
Mickisch vor allem mit eindeutigen Textbelegen aus Oratorien (z.B. Haydns
„Schöpfung“ und „Jahreszeiten“) und Opern (Wagner, Strauss), die ihre
stimmungsmäßige Entsprechung auch in der reinen Instrumentalmusik finden. Dabei
kommt ihm vor allem seine intensive Beschäftigung mit dem Werk Richard
Wagners und dessen Nähe zum Wort („Gesamtkunstwerk“) besonders zu Gute. Sowohl
das Konzert in Bayreuth, wie auch das live aufgezeichnete Gesprächskonzert in Lockenhaus
im Juli 2005 (das gesamte Programm wurde auswendig vorgetragen, umfasst etwa
141 Klangbeispiele und wurde nun auf 2 CDs veröffentlicht), belegen Stefan Mickischs ungeheure
Repertoirekenntnis von Tonschöpfungen verschiedener Gattungen aus nahezu vier
Jahrhunderten und die reichen
Erträge seiner seit über 5 Jahren
währenden, intensiven, theoretisch und praktisch vollzogenen
Klangarbeit. Neben den 141 Klangbeispielen, die alle im ausführlichen Booklett
aufgeführt sind, gibt Stefan Mickisch
auch eine detaillierte Übersicht seiner bisherigen Ergebnisse, die jedoch auch
in Zukunft noch täglich um weitere Beispiele erweitert werden wird. Ob
man nun an die die „seelische Wahrheit“ der Tonarten glaubt, oder nicht (Menschen
mit „absolutem“ Gehör werden das am ehesten nachvollziehen können), es gibt
eine große Zahl von („berühmten“) Komponisten, die – ohne eine „Gebrauchsanweisung“
zu befolgen – für bestimmte Situationen und Stimmungen die exakt gleichen
Tonarten verwendeten. Wer
sich also mit Stefan Mickisch auf
die Exkursion zu den „Tonarten und
Sternzeichen“ begibt, erfährt
nicht nur in musikalischer und dichterischer Beziehung etwas über die Werke,
sondern wird gleichzeitig auf ihre ethischen und religiösen Intentionen
aufmerksam gemacht, deren Werte auch - oder gerade – in unserer Zeit viel mehr
Beachtung finden sollten. Und das alles präsentiert Stefan Mickisch nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern –
trotz seines großen Fachwissens – unterhaltsam, mit Humor und dazu noch in
hochdeutsch-oberpfälzischem Tonfall.
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Tonarten und Sternzeichen Gidon-Kremer-Musikfestival in Lockenhaus Live-Mitschnitt 14.07.2005 2 CDs - Bestell-Nr. FAF 263 Gesamtzeit: 132:05
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