Zur OMM-Homepage Zur OMM-Homepage CDs
und sonst ...
Zur OMM-Homepage und sonst... - Startseite E-Mail Impressum



Classics explained
An Introduction to...

Vivaldi: Die vier Jahreszeiten
Brahms: 2. Klavierkonzert




Volkshochschulkurs am heimischen CD-Player

Von Stefan Schmöe

Muss man Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ erklären? Wohl nicht, denn die ungeheure Popularität dieser Violinkonzerte gründet sich wohl in großem Maße darauf, dass diese Musik für sich selbst spricht (und zwar in stärkerem Maße als andere Musik). Trotzdem - oder gerade deshalb - stellt Jeremy Siepmann die Vier Jahreszeiten an den Anfang der bei NAXOS in englischer Sprache erschienenen Reihe „Classics explained - An Introduction to...“. Siepmann interessiert sich in seiner Werkeinführung nämlich nicht für eine musikwissenschaftlich genaue Formanalyse, sondern viel mehr für die Gründe, warum Musik „funktioniert“, d.h. was für den (musikwissenschaftlich nicht oder nur wenig vorgebildeten) Hörer das Faszinierende an Musik ausmacht. Siepmann wendet sich nicht an ein Fachpublikum, sondern an Laien, und diesen will er das Bewusstsein für bestimmte Elemente und Modelle in der Musik ermöglichen, vor allem aber einen Weg zu einer konstruktiven (weil mitdenkenden) Form des Zuhörens aufzeigen.

Musik ist für Siepmann eine sehr komplexe Form von Kommunikation, die aber eine Reihe von Parallelen zur (verbalen) Sprache aufweist. Ein wichtiges Moment ist die Notwendigkeit, sich im Verlauf solcher Kommunikation an bestimmte Dinge erinnern zu können, und damit rechtfertigt Siepmann Vivaldis häufige Wiederholung und Sequenzierung einzelner Motive. Dieser Gedanke, der sich an der Musik Vivaldis besonders leicht zeigen lässt, ist konstituierend für die gesamte Musik bis zum Ende der Romantik (aber natürlich auch für die Popmusik). Hier liegt die Stärke von Siepmanns Ansatz: Er ruft Dinge ins Bewusstsein, die zum Handwerkszeug jedes Komponisten gehören, und die sich auf alle Musik - zumindest auf alle tonale Musik - übertragen lassen. In den Vier Jahreszeiten liegen diese Mittel relativ offen, und deshalb eignet sich das Werk hervorragend für Siepmanns Vorgehen.

Ein anderer Aspekt wird in der zweiten Werkeinführung (zu Brahms' 2.Klavierkonzert) deutlich. Siepmann sucht den emotionalen Gehalt der Musik: Diese, so Siepmanns These, erzählt eine Geschichte - keine mit einer konkreten Handlung, sondern eine (im Fall des Brahms'schen Konzertes hochdramatische) Abfolge von Stimmungswechseln. Der Gedanke ist an sich trivial (manche Stücke, etwa Beethovens Schicksalssymphonie, werden durch die Verengung auf den vordergründig emotionalen oder programmatischen Blickwinkel eher verkürzt wahrgenommen und müssten vor einer solchen Betrachtungsweise beinahe geschützt werden), und darin liegt die nicht ganz gebannte Gefahr von Siepmanns Ansatz. Die Genauigkeit, mit der er auch kleinste Phrasen auf ihren emotionalen Gehalt untersucht, schützt allerdings vor einer Banalisierung, und nebenbei gliedert Siepmann das Werk auch noch (ohne einen einzigen Fachterminus zu benötigen) und schafft so ein Gefühl für Proportionen - und die Methoden des Komponisten, die Großform in den Griff zu bekommen.

Mit einer Dauer von fast zwei Stunden hat jede der Werkeinführungen nicht nur den Anspruch, sondern auch die Dauer eines formidablen Volkshochschulvortrags (und zwar von höchster Qualität). Die anschauliche weil sehr bildreiche Sprache Siepmanns zu verstehen erfordert allerdings fortgeschrittene Englischkenntnisse - eine deutsche Fassung ist wünschenswert. Ergänzt werden die jeweils 2 CD durch ein umfangreiches Booklet, in dem neben dem gesamten Text der Werkeinführung weitere Kommentare (darunter biographische Notizen und eine kurze strukturelle Analyse - hier mit Gebrauch der Fachtermini) sowie allgemeine Gedanken zur Wahrnehmung von Musik (diese Texte sind zu beiden Werkeinführungen identisch) zu finden sind. Der Informationsgehalt der Einführungen ist so groß, dass man die CDs mehrfach hören kann (und sollte). Für interessierte Musikliebhaber ist die Reihe unbedingt eine Bereicherung.


Ihre Meinung
Schreiben Sie uns einen Leserbrief
(Veröffentlichung vorbehalten)
Cover



An Introduction to... :
Vivaldi - The Four Seasons


Text und Sprecher: Jeremy Siepmann
Takako Nishizaki, Violine
Capella Istropolitana
Ltg.: Stephen Gunzenhauser

NAXOS 8.558028-29 (2 CD)

Cover



An Introduction to... :
Brahms - Piano Concerto No. 2

Text und Sprecher: Jeremy Siepmann
Jenö Jandö, Klavier
BRT Philharmonisches Orchester Brüssel
Ltg.: Alexander Rahbari

NAXOS 8.558030-31 (2 CD)



Da capo al Fine

Zur OMM-Homepage Rock-Pop-Startseite E-Mail Impressum
© 2001 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: cds@omm.de

- Fine -