Musiktheater Berlin |
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Richard Wagner Parsifal
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 10. April 1998 Raum und Zeit, rein dargebracht"Den Code für eine Inszenierung des Parsifal enthalten Gurnemanz' Worte: Du siehst, mein Sohn, zum Raum wird hier die Zeit." - behauptet Götz Friedrich, routinierter Parsifal-Exeget. Mit seiner Osterinszenierung 1998 schließt sich seine Reihe von Wagnerinterpretation an der Deutschen Oper; durchaus gelungen, was einmal mehr auch erstklassigen Solisten zu danken ist. Raum und Zeit hat Immanuel Kant als Formen unserer Anschauung reklamiert, Götz Friedrich läßt ihn im Programmheft zitieren. Die Zuschauer seiner Inszenierung erfahren Räumlichkeit und Zeitlichkeit schon im Vorspiel als Erfahrungen: In äußerster Langsamkeit wechselnde Lichteffekte lassen zunächst einen tiefen, perspektivischen Raum erscheinen, der sich über Minuten als Gazevorhang erkennen läßt, hinter dem Gurnemanz hockt - um am Ende des Vorspiels wieder als Raum zu wirken. "Der reine Raum und die reine Zeit sind Formen, in denen uns die Sachen zur Erscheinung kommen" paraphrasiert Friedrich Kaulbach (Berlin / New York 1982) den alten Kant und man kann verstehen, daß der auch schon in die Jahre gekommene Götz Friedrich dies für einen charmanten Interpretationsansatz hält. Es gelang prächtig, ohne aufdringlich zu wirken, die drei Dimensionen des Raums auf die drei Parsifal-Akte zu verteilen. Akt 1: schwarze, senkrechte Lamellenvorhänge. Akt II: Vertikale Teilung der Bühne (hinten: Zinnen der Burg / Klingsors Angriff, unten: Heraufkunft der Blumenmädchen) und schwarze Jalousien. Akt II schließlich: alles ist irgendwie schräg, Parsifal kommt von hinten rechts unten zur Mitte vor nach oben oder so. An vielen Details könnte man ein bißchen herummäkeln: man könnte etwa die Art und Weise, wie christliche Symbolik eingesetzt wird (Amfortas nicht in einer Sänfte, sondern unter einem stützenden Kreuz!balken; Christusbild im Zielpunkt des perspektivischen Raumes, sich unter Kundrys Selbstanklage weitend etc.) übereifrig finden oder pädagogisch. Doch meistens paßt's, selten ist es so arg pathetisch wie leider am Schluß. Kurzum: Mir hat's gefallen, weil Götz Friedrich viel erzählt und erklärt. Musikalische Einwände sind schon stärker geltend zu machen, vor allem was Orchestergraben und Chöre betrifft. Wunderbare Holzbläser und ergreifende Streicher gibt's genug, auch im Orchester der Deutschen Oper. Die Publikumsbegeisterung für Thielemanns ordentliche Leitung und sein eben nur teilweise herausragendes Orchester habe ich nicht verstanden und er wohl auch nicht, wenn ich sein Kopfschütteln vor dem Vorhang man frech so interpretieren darf. Falls er mit der Geste ausdrücken wollte: "Daß die so gut spielen können, hätte ich gar nicht gedacht" - was wahrscheinlicher ist - , sollte er mal wieder hineinhören, wenn Gastdirigenten am Werk sind. Noch rasch zwei Sätze zu den Solisten. Violeta Urmana als Kundry dürfte derzeit nicht zu übertreffen sein. Sie verbindet musikalische Perfektion mit gestalterischer Wandlungsfähigkeit aufs allerfeinste. Salminens Gurnemanz ist ebenfalls perfekt, Winbergs Parsifal tadellos. Die Chöre sind es wieder einmal nicht, Timing und Intonation stimmten einfach nicht allzu oft.
Hinhören! Da in dieser Spielzeit (nach lediglich vier Vorstellungen!) keine weiteren Aufführungen geplant sind: |
Musikalische Leitung Christian Thielemann
Inszenierung
Ausstattung
Choreinstudierung
SolistenAmfortasPhilippe Rouillon
Titurel
Gurnemanz
Parsifal
Klingsor
Kundry
Gralsritter
Friedrich Molsberger
Knappen
Zhidkova, Peter Maus, Volker Horn
Blumenmädchen
Furmansky, Ulrike Helzel; Heidi Person, Yvonne Wiedstruck, Elena Zhidkova
Stimme aus der Höhe
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